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Sebastian K. ist Geschäftsführer in einem KMU in Österreich, das auf eine lange Tradition und Bekanntheit weit über die Landesgrenzen hinaus zurückschaut. Die vergangenen Monate empfand er als aufregend, aber auch anstrengend. Denn einerseits hat er sich schon früher für moderne Konzepte in dem mittelgroßen Familienbetrieb eingesetzt, andererseits vollzogen sich zahlreiche Veränderungen so schnell, dass kaum Zeit zum Überlegen blieb. Von rechtlichen oder ethisch vertretbaren Grundlagen ganz abgesehen. Der junge Dienstgeber in zweiter Generation hat die Herausforderungen an seine Führungsposition in der neuen Arbeitswelt hautnah zu spüren bekommen und setzt sich momentan mit vielen noch ungeklärten Fragestellungen auseinander, für die er alsbald gute Lösungen zu finden hofft.
1. Ausstattung auf dem neuesten technologischen Stand
Digitale Wissensarbeiter, die in Zukunft nicht mehr nur im Büro, sondern auch von unterwegs oder zu Hause arbeiten werden, benötigen eine individuell passende Grundausstattung auf dem neuesten technologischen Stand. Hierzu zählen u.a. ein performanter und robuster Business Laptop, ein Diensthandy, verschiedene Softwaretools und spezielle Geräte, beispielsweise tragbare Drucker oder AR-Brillen. Zukünftige Arbeitgeber stehen damit vor der Herausforderung, dass sie ihre Mitarbeiter mit eventuell teuren sowie vielen verschiedenen Geräten und Programmen, die mit Wartung, Lizenzen und Sicherheitsrisiken einhergehen, ausstatten müssen. Manch eine Firma löst diese Herausforderung bereits mit modernen Konzepten wie CYOD (Choose Your Own Device) oder Hardware-Mietmodellen wie iPhone as a Service.
2. IT-Sicherheit
In den letzten Jahren haben die Cyber-Attacken auf österreichische Unternehmen spürbar zugenommen. Laut dem Global Data Protection Index 2020 haben 82% der befragten Unternehmen weltweit ein störendes Ereignis (Datenverlust, Ausfallzeiten o.Ä.) erlebt, 35% sogar einen konkreten Cyber-Angriff. Eine der großen Herausforderungen für Dienstgeber 4.0 wird also die Etablierung ausreichender Sicherheitsstandards sowohl in der Infrastruktur vor Ort als auch in anderen Umgebungen wie das Zuhause der Mitarbeiter, Flughäfen, Bahnhöfe etc. sein.
3. Moderne Mitarbeiter Benefits
Mit dem Wandel der Arbeitswelt verändern sich auch die Wünsche und Bedingungen der Arbeitnehmer. Konnten Unternehmen im War for Talents bis vor Kurzem noch mit Kantinen Gutscheinen oder eigenen Parkplätzen punkten, müssen die Dienstgeber von morgen erst wieder herausfinden, womit sie ihre Arbeitgeberattraktivität positiv beeinflussen. Erste Untersuchungen wie die Kienbaum Benefits Survey 2020 zeigen, welche modernen Mitarbeiter Benefits in Zukunft wohl gefragt sein werden:
- Steuerfreie Mitarbeiter Benefits:
z.B. Essenszuschüsse, Kinderbetreuung oder E-Dienstfahrräder
- Digitale Mitarbeiter Benefits:
z.B. beliebte Diensthandys oder hochwertige Gadgets
- Moderne Konzepte und Angebote:
z.B. flexible Arbeitszeiten und -orte, Work Life Balance Angebote oder die 4-Tage Woche
3. Zusammenarbeit auf Distanz
Dass Teams und ganze Abteilungen prinzipiell auch online miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten können, zieht nach den vergangenen Monaten kaum mehr jemand in Zweifel. Zu beobachten bleibt allerdings, wie gut Kreativarbeit über Distanz und wie lange eine gute Teamarbeit auf Dauer funktionieren kann, wenn sich die Teammitglieder nur selten oder nie zu Gesicht bekommen. In der neuen Arbeitswelt müssen sich Dienstgeber also der Herausforderung stellen, dass Kooperation, Projektmanagement und Creative Sessions auch auf Distanz gelingen müssen. Für eine langfristig gute Zusammenarbeit in einer zeit- und ortsunabhängigen Businesswelt können beispielsweise passende Tools, aber auch Mitarbeiterschulungen und bewusst inszenierte Events vor Ort sorgen.
4. Flexible Bürokonzepte & Arbeitszeitmodelle
Die ersten Unternehmen in Österreich bauen ihre Büros bereits um und bringen mehr Flexibilität in den neuen Arbeitsalltag. Magenta Telekom etwa plant den hybriden Arbeitsplatz mit weniger wöchentlichen Bürotagen, während die REWE Group Österreich das Pilotprojekt Desk-Sharing auch in Zukunft weiterverfolgen möchte. Flexible Bürokonzepte und Arbeitszeitmodelle gibt es zahlreiche, sodass sich jede Firma individuell dieser Herausforderung stellen und beispielsweise mithilfe von Umfragen oder Workshops gemeinsam mit der Belegschaft passende Lösungen für die neue Arbeitswelt finden kann.
5. New Leadership
Agile Unternehmensstrukturen führen automatisch zu einer Veränderung in den Führungspositionen, denn ortsunabhängige Mitarbeiter sind in mehreren Projekten und wechselnden Teams tätig. Aufgrund der zunehmenden Selbstorganisation treten die Kontrollfunktionen des Vorgesetzten in den Hintergrund und wandeln sich eher in unterstützende Handlungen wie Coaching, Vermittlung, Motivation oder Moderation. New Leadership muss sich an die Bedingungen in der neuen Arbeitswelt anpassen sowie “Experimente wagen und neue Wege gehen”, wie der Berater und Gründer von CO:X Sven Franke Unternehmen auf dem Weg zum New Work ans Herz legt.
6. Mitarbeiter motivieren und binden
Ein Mitarbeiter, der mehrere hundert Kilometer weit weg ist und den Führungskräfte maximal einmal pro Woche als eines von mehreren Gesichtern auf dem Bildschirm zu Gesicht bekommen, geht schnell unter. Für Dienstgeber 4.0 ist die Mitarbeitermotivation und -bindung im digitalen Zeitalter nicht leicht, denn viele Wege der Wertschätzung sind eingeschränkt. Das Schulterklopfen, einige persönliche Worte am Kaffeeautomaten, eine interessierte Nachfrage nach den neuen Trainingsschuhen und andere kleine Gesten fallen bei räumlicher Distanz weg. Arbeitgeber stehen in Zukunft daher noch mehr vor der Aufgabe, passende Wege und Mittel für eine wertschätzende Unternehmenskultur zu finden.
7. Arbeitsrechtliche Bestimmungen
Wie die Home Office Regelungen in Österreich zeigt, werden flexiblere Arbeitsmodelle zum Spagat für Dienstgeber, denn arbeitsrechtliche Bestimmungen hinken den schnellen Veränderungen meist hinterher. Die Dienstnehmer wollen neueste Software, moderne Bürokonzepte und greifbare Freiheiten verständlicherweise so schnell wie möglich in ihren Arbeitsalltag integrieren. Für Firmen zieht dies allerdings oft einen riesigen Rattenschwanz an rechtlichen Herausforderungen nach sich.
8. Recruiting & Onboarding über Distanz
Neben Dienstgebern sahen sich auch HR-Abteilungen in den letzten Monaten der Herausforderung gegenüber, dass sie neue Mitarbeiter aus der Ferne finden, einstellen und onboarden mussten. Für das digitale Recruiting und Onboarding müssen in der neuen Arbeitswelt passende Voraussetzungen geschaffen werden, d.h. eine Anpassung der Auswahlkriterien sowie -prozesse, aber auch die Integration notwendiger Software, z.B. in Form neuester RPA-Lösungen.
Fazit: Herausforderungen als Dienstgeber 4.0 meistern
Für Sebastian K. ist klar, dass er als Geschäftsführer neue Wege in einer sich verändernden Arbeitswelt gehen muss und möchte. Obwohl er noch nicht alle Antworten auf seine Herausforderungen als Dienstgeber 4.0 gefunden hat, blickt er positiv in die Zukunft und freut sich darauf gemeinsam mit seiner Belegschaft die neue Arbeitswelt zu gestalten.